Ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist das Erbrecht.
Das Erbrecht ist eine spezielle Rechtsmaterie, die von ihrer Komplexität und ihren praktischen Lebensauswirkungen von Erblassern und Erben bis zum tatsächlichen Eintritt des Erbfalls häufig stark unterschätzt wird.
Viele Erblasser scheiden plötzlich und unerwartet aus dem Leben.
Andere Erblasser haben die Gestaltung und Regelung ihres Nachlasses immer wieder vor sich hergeschoben, so dass dann im Erbfall die Erben vor überaus komplexen tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen stehen.
Die wenigstens Erblasser sind dem gerade mit Renteneintritt bei bester Gesundheit gern verkündeten Motto „Keine Zeit zum Versterben, sonst bekommen es nur die Erben.“ tatsächlich gefolgt und haben ihr Vermögen zu Lebzeiten dann konsequent „verjubelt“.
Das Gegenteil ist meist der Fall.
In aller Regel ist bei Eintritt des Erbfalls entweder keine Regelung getroffen oder eine unzureichende oder eine womöglich vor Jahrzehnten getroffene und überholte Regelung erfolgt. Das Testament ist oft unklar, widersprüchlich oder berücksichtigt womöglich aktuelle Änderungen in der Lebenssituation nicht oder nur unzureichend.
Weder Erblasser noch Erben machen sich oftmals Gedanken, in welchem unerwünschten Konstellationen sie sich anschließend tatsächlich in einer Erbengemeinschaft befinden.
Der Begriff der Erbengemeinschaft entspricht nicht dem, was man möglicherweise damit verbindet. Oftmals herrscht in einer Erbengemeinschaft nicht friedvolles Einvernehmen, sondern Unfrieden.
In eine Erbengemeinschaft gelangt man nicht freiwillig, weil man sich freiwillig mit anderen Personen darin verbindet, sondern in einer Erbengemeinschaft befindet man sich mit anderen Personen unfreiwillig, nämlich aufgrund des Gesetzes oder Testamentes des Erblassers. Eine Erbengemeinschaft ist damit ein faktischer Zusammenschluss, deren Mitglieder sie vielfach als Zwangszusammenschluss durch „höhere Gewalt“ empfinden.
Auch die Rechtswirkungen der Gemeinschaft in der Erbengemeinschaft werden regelmäßig falsch eingeschätzt. Es gilt hier nicht das Mehrheitsprinzip. Jeder einzelne Miterbe wird im Rahmen seiner Erbquote Eigentümer an jedem einzelnen Nachlassgegenstand - völlig unabhängig davon, welche Regelung beispielsweise das Testament trifft, welchen Anteil jeder Erbe erhalten soll, gehört dieser Gegenstand zunächst jedem Erben.
Die Erben können nur gemeinsam darüber verfügen. Dies bedeutet, dass alle Erben nur gemeinsam z.B. über die Eigentumswohnung, den Pkw oder die Manschettenknöpfe des Erblassers verfügen können. Auch ein Erbe mit einem Erbanteil von nur 1 % kann alle anderen blockieren.
Die Erbengemeinschaft ist damit – auch bei Vorhandensein eines Testamentes - eine per Gesetz entstehende Zwangsgemeinschaft, die darauf angelegt ist, dass sie durch alle Erben im gemeinschaftlichen Zusammenwirken abgewickelt wird. Alle wichtigen Entscheidungen können die Erben grundsätzlich nur einstimmig beschließen. Lediglich die Verwaltung kann grundsätzlich auch durch Mehrheitsbeschluss erfolgen.
Die Beendigung der Erbengemeinschaft, deren Ziel das Gesetz ist, stellt die Erben regelmäßig vor erhebliche Schwierigkeiten. Das Gesetz sieht vor, dass der gesamte Nachlass grundsätzlich zu verwerten ist und dass nach Verwertung durch die Erben der Erlös nach Begleichung aller Schulden und Verbindlichkeiten entsprechend den Erbquote unter den Erben verteilt wird.
In der Realität gehören zum Nachlass häufig Grundstücke und Immobilien. Deren Verkauf kann zum jeweiligen Zeitpunkt den wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Erben zuwiderlaufen und insbesondere auch einzelner Erben zuwiderlaufen.
Einigen sich die Erben nicht, dann kann jeder Beteiligte der Erbengemeinschaft, auch wenn er nur mit einer minimalen Erbquote beteiligt ist, im Wege der Beantragung einer Teilungsversteigerung die Verwertung der Immobilie betreiben. Hier drohen zum einen erhebliche Wertverluste, zum anderen bedeutet eine solche Versteigerung nicht, dass der Erlös dann automatisch unter den Erben aufgeteilt wird. Der Erlös verbleibt zunächst beim Versteigerungsgericht bis sich die Erben dann auch über diesen Erlös und seine Verteilung geeinigt haben.
Erhebliche Schwierigkeiten kann auch die Interpretation und Auslegung von Testamenten und sonstigen Verfügungen, insbesondere Vermächtnissen des verstorbenen Erblassers bereiten.
Ein erhebliches Streitpotential, das u.U. zu Ausgleichsansprüchen führen kann, sind Schenkungen und Ausstattungen, die der Erblasser einzelnen Erben zu Lebzeiten zugewandt hat (lebzeitige Vorempfänger).
Um derartige Streitfälle zu lösen, bedarf es regelmäßig kompetenter Beratung und zwar sowohl im Hinblick auf eine gütliche Einigung und Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen im Rahmen eines Erbprozesses als auch ggf. die Einleitung eines Erbprozesses.
Solche können sich beispielsweise erben, wenn Vermögenswerte etwa in Form eines Ferienhauses vorhanden sind. Unser Schwerpunkt liegt hier gerade auch in der Abwicklung deutsch-italienischer Erbfälle.
In den Bereich des internationalen Erbrechts gelangt man heute zudem auch ohne eine Ferienimmobilie oder sonstige Vermögenswerte im Ausland auch sehr schnell auf der Grundlage der seit 17.08.2015 für Erbfälle geltenden EU-Erbrechtsverordnung:
Haben beispielsweise der verstorbene Vater oder die verstorbene Mutter ihren regelmäßigen ständigen Aufenthalt dauerhaft nach Mallorca verlegt und halten sich nur noch selten während weniger Wochen im Jahr zu Besuchen in Deutschland auf, so gilt hier ab dem 17.08.2015 für Erbfälle grundsätzlich die EU-Erbrechtsverordnung und im vorbezeichneten Fall dann das für Mallorca gültige spanische Erbrecht.
In diesen Fällen ist dann regelmäßig das deutsche Erbscheinverfahren nicht anwendbar, sondern es bedarf eines europäischen Nachlasszeugnisses, welches dann durch das zuständige Gericht in Mallorca zu erteilen ist.
Seit Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ab dem 17.08.2015 kommt es in derartigen Fällen grundsätzlich nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers an, sondern auf seinen ständigen, gewöhnlichen Aufenthaltsort – soweit der Erblasser nicht vor seinem Tod eine zulässige Rechtswahl getroffen hat, dass im Falle seiner deutschen Staatsangehörigkeit deutsches Erbrecht gelten soll.
Die Zahl der Deutschen, die in ihrer eigenen Immobilie im Ausland, z.B. in der Toskana leben, wächst ständig.
Gleichfalls nimmt die Zahl der pflegebedürftigen Rentner zu, die sich aus Kostengründen in einem Altenpflegeheim in Tschechien oder Rumänien pflegen lassen.
Aufgrund der EU-Erbrechtsverordnung gilt innerhalb Europas für derartige grenzüberschreitende Sachverhalte und Erbfälle ab dem 17.08.2015, dass die Gerichte und andere dafür zuständige Organe der Rechtspflege in den Staaten der EU beurteilen, welches nationale Recht bei Erbfällen mit Auslandsbezug zur Anwendung kommt.
Für den dauerhaft auf Mallorca lebenden deutschen Rentner gilt also zukünftig mallorquinisches Recht, wie für den Rentner mit deutscher Staatsangehörigkeit, der sich dauerhaft in sein Ferienhaus in der Toskana zurückgezogen hat, italienisches Recht gilt.
Für den Rentner im Altenpflegeheim in Rumänien gilt rumänisches Erbrecht – zumindest solange er sich in Eigenverantwortung in das Altenpflegeheim in Rumänien hat verbringen lassen.
Die EU-Erbrechtsverordnung knüpft in diesen Fällen an den Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ an.
Hierbei ist zu beachten, dass die Verordnung selbst eine Definition des gewöhnlichen Aufenthalts nicht enthält.
Gewöhnlicher Aufenthalt bedeutet nicht zwingend Wohnsitz.
Der gewöhnliche Aufenthalt wird im Ergebnis aufgrund einer Gesamtbeurteilung sämtlicher Lebensumstände des Erblassers vor seinem Tod vorzunehmen sein.
Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder in dieses verlegt und dennoch möchte, dass nach seinem Tod das Erbrecht des Staates angewendet wird, deren Staatsangehöriger er ist, kann dies durch eine Rechtswahl in einer Verfügung von Todeswegen – z. B. durch Testament – bestimmen.
Personen, die mehreren Staatsangehörigkeiten besitzen, können zu Lebzeiten das Recht jedes Landes durch letztwillige Verfügung bestimmen, dem sie angehören. Nicht möglich ist es jedoch, die Anwendung des Rechts eines Staates zu bestimmen, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser nicht hat. Ist der Erblasser somit deutscher Staatsbürger und lebt auf Mallorca, kann er nicht die Anwendung z. B. italienischen oder französischen Rechts anordnen.
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